Ein Ersteinsatz am Rande der Hauptstadt Tansanias!
Nach Monaten der Vorbereitung starteten wir Anfang September mit einem kleinen Team von Ludwigshafen aus in den Einsatz in Dodoma/Tansania. Zusammen mit Dr. Steffen Baumeister, plastischer Chirurg aus Villingen-Schwenningen, und seiner OP-Schwester Deborah Falkenau, ging es mit Claudia Bethge und mir als Anästhesieteam der Kurpfalz von Frankfurt über Katar nach Dar-es-Salam. Über einen Kontakt mit Charles Laiser aus früheren Einsätzen in Tansania mit André hatte wir nach einem Scouting im Dezember 2023 im Rahmen eines Uganda-Einsatzes den ersten Kontakt und eine Sichtung vor Ort gemacht.

Bis 2 Tage vor Abflug hatten wir noch nicht alle Zollpapiere und auch die Arbeitserlaubnisse ließen auf sich warten – das kannten wir aber aus früheren Einsätzen und am Ende wird alles gut. In DAR nahm uns ein Team von befreundeten NGO Norbert and Friends entgegen, wir verbrachten eine Nacht in einem Transithotel, während das Gepäck mit einem Auto nach Dodoma fuhr und reisten dann, wie es unsere Kontaktpersonen in Dodoma organisiert hatten, mit dem Flugzeug weiter nach Dodoma. Dort nahm uns ein Empfangskomitee in Beschlag, am Krankenhaus waren Vorbereitungen für ein großes Camp, das uns schon ahnen ließ, daß hier mehr geplant war als ein kleiner Ersteinsatz der „Plastiker“…

Das DCMC Dodoma Christian Medical Centre auf dem Imagi Hill am Rande der Hauptstadt ist ein modernes Krankenhaus, das in den letzten Jahren viel in neue Abteilungen, Medizintechnik und neue Fachdisziplinen (z.B. Augen- und Zahnklinik, Innere Medizin und Nephrologie mit Dialyse) investiert hat. Allerdings gab es bisher im operativen Bereich nur einen Chirurgen, der bisher keine plastischen Operationen durchgeführt hatte. Nach einer kurzen Morgenandacht und herzlicher Begrüßung war der Vorplatz unterm weißen Zelt schon voll mit Patienten und klar, daß nicht nur ein Aufruf für plastische Operationen, sondern auch andere Erkrankungen erfolgt war. In 3 Räumen erfolgte das Screening der Patienten, am ersten Tag über 200, es kamen dann jeden Tag noch mehr. Es wurde der Steri gecheckt, Instrumente vorbereitet, das Narkosegerät überprüft, Sauerstoffflaschen herbeigeschafft und Handtische gebaut. Nach dem Screening-Tag ging es erstmal mit 2 Erwachsenen los, davon hatte eine schon mal einen schwierigen Atemweg bei Verbrennungen im Gesicht – die Mithilfe von der Anaesthesia Nurse Evetha stellte sich schnell als exzellent heraus.

Das Ausmass des Camps überstieg bei weitem die Kapazitäten, die einheimischen Ärzte operierten teilweise in örtlicher Betäubung, bestellten schwierige Fälle für später wieder ein, für uns war das Vorgehen nicht immer durchsichtig. Wir sahen noch viele Patienten die nächsten Tage, die teilweise den ganzen Tag im Freien auf uns warteten, da wir im OP standen, mit Geduld und Hoffnung auf eine Operation und/oder Hilfe.

In den 2 Wochen des Einsatzes operierte Dr. Steffen Baumeister insgesamt 50 Patienten, davon 47 mit Anästhesie. Es wurden wieder viele Kinder mit Verbrennungen an den Extremitäten (31 Kinder) und angeborenen Mißbildungen, aber auch Tumoren im Gesicht operiert, die alle sehr liebenswert und unproblematisch waren. Das einheimische Team mit OP-Schwester Anna und Evetha aus der Anästhesie erlaubten auch überlappend einen zweiten Tisch. Teilweise übernachteten die Patienten in den bereitgestellten neuen Patientenzimmern im 1. Neubau, teilweise gingen sie nach Hause und wir bestellten sie in 3 Tagen wieder ein. Außerdem begrüßten wir Dr. Nanjoyke aus Arusha, die rund um die Uhr mit am Tisch stand, aber auch einen Arzt aus dem Nachbarkrankenhaus Benjamin Mkapa in Dodoma. Die Anästhesie wurde durch Emmanuel aus letztgenanntem KH unterstützt, er schaute uns viel auf die Hände, übernahm Intubationen und war für alle Narkosemedikamente, die er bisher nicht einsetzte, zu begeistern. Evetha hat uns in den 2 Wochen so zugearbeitet, daß wir ihr mehr und mehr Verantwortung v.a. bei den Kindern übertragen haben. Sie sagte selbst, daß sie selten intubiert und noch nie eine Plexusanästhesie mit Ultraschall gesehen hat – ganz tolles Teaching und nachhaltiges Lernen! Erstmals in all den Jahren ein Stern der Anästhesie.



In ewiger Erinnerung wird uns der 2-jährige Letiti bleiben, ein Massaijunge, der von seiner Mutter am 2. Screeningtag vorgestellt wurde, nur 8,5 kg und nicht gehfähig aufgrund einer Verbrennung am Bein. Zusammen mit der Kinderärztin Habibi haben wir das Kind erstmals mit Inhalation bei pulmonalem Infekt und Antibiotika behandelt und es für die nächste Woche wieder einbestellt. Da kam dann gleich noch die Bibi (Grossmutter) mit, und wir haben uns nach Reevaluation trotz Restinfekt zu Operation entschlossen. Da waren dann die Narkose und Kaudalanästhesie völlig problemlos, die Grossmutter nach 2 Tagen zu Tränen gerührt mit einem erstmals laufenden Enkelsohn. Begeistert wurden Fotos geschossen und die Kuh als Geschenk des Massai-Stamm habe ich dann dankend abgelehnt, auch wenn Steffen gerne mehrere Koffer geopfert hätte…



Die Unterbringung im Guest House in der Wohnanlage des Krankenhauses direkt über die Straße war hervorragend, natürlich mußte erst mal der Plumber her, und Gläser und Gabeln waren minimalistisch abgezählt, aber wir haben uns sehr wohlgefühlt und das Essen, das von der Klinik mit 2 Köchinnen organisiert war, war reichhaltig, lecker und immer zuviel. Zum Frühstück stand die Pfälzer Leberwurst mit Schwarzbrot immer bereit, wir haben unsere Gewohnheiten fortgesetzt.

Am letzten Tag hatte ich noch einen doppelstöckigen Kuchen zum Abschluss besorgt, da hatte die Freunde noch ein Foto von uns draufgezaubert und natürlich war er OP-Grün!
Die Rückreise organisierten wir mit dem seit Juli 24 eröffneten Expresszug nach Dar-es-Salam. Am Bahnhof liess uns das Taxi zum Abholen zu unserer Lodge im Stich, eine zufällige Taxibekanntschaft stellte sich hervorragend heraus, wir organisierten gleich das Abholen für an den Flughafen – Zufälle sind manchmal wunderbar. Einen Tag gönnten wir uns am Strand in Dar-es-Saalam, faul und ohne Auftrag, runterkommen und ein wunderbares Abendessen zum Wellengang. Der Rückflug über Katar zog sich mit 8 h Zwischenstopp, aber alles funktionierte völlig problemlos und wir wurden wieder begeistert in Frankfurt empfangen.
